Erfahrungsbericht: unsere Panne mit Wohnmobil im Ausland

Mittwoch, 07.09.

Gut gelaunt starten wir nach dem Frühstück am Campingplatz. Unser Plan ist es, die Weinstraße noch ein Stück weiter nach Norden zu fahren und evtl. in einem Weingut nochmal Halt zu machen.

Auf einem Parkplatz bei Châtenois ereilt uns dann allerdings das gleiche Schicksal mit unserem Fahrzeug wie bereits wenige Tage zuvor. Der Motor unseres Fiat Ducatos lässt sich zwar starten, wirft beim Einlegen eines Automatik-Ganges jedoch eine Fehlermeldung auf dem Display aus und schaltet  dann in den Leerlauf. Dieses Mal ist leider auch mit „gut zureden“ und allen anderen Versuchen nichts zu machen.

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Anruf beim ADAC-Auslandsnotruf

Die Anfragen bei zwei Werkstätten in der Region waren leider negativ. Die eine Werkstatt (nur 2 km von unserem Pannenort entfernt) hat wegen Covid19 den Betrieb eingestellt, in der anderen würde man erst Anfang Oktober überhaupt mal nach dem Fahrzeug schauen. Ohne dass wir bereits eine konkrete Lösung kennen würden, kommt schon knapp 20 Minuten später ein Abschleppdienst und bringt uns und unser Womo in sein Depot.

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Neben uns steht ein Kleinwagen, der am Dach ordentlich eingedrückt ist. Die Airbags sind alle ausgelöst. Die Beifahrertür wurde eindeutig mit einer Blechschere aufgeschnitten. Zwischen Schnittkante und Airbag hindurch sieht man auf dem Beifahrerfußboden einen DIN-A4-Ausdruck liegen. Ein Bild von einem der Insassen. Ein Bild, wie man es sonst nur von Pinnwänden von Tatort-Kommissaren oder Pathologen kennt. Mir ist klar: Mindestens eine Person dürfte dieses Fahrzeug nicht lebend verlassen haben. Ich erinnere mich an meine Einsätze in den 80/90-Jahren im Rettungsdienst, bei denen ich ähnliche Bilder häufig live vor Augen hatte.

Auch an einigen anderen Fahrzeugen sind die Airbags ausgelöst. Sie wirken wie Vorhänge oder ein Sichtschutz rund um die Front- und Seitenscheiben.

Die übrigen Fahrzeuge in diesem Depot waren weniger spektakulär: teils Unfallfahrzeuge, die auf eine Verschrottung warten, teils Fahrzeuge, die wohl irgendwo mal aus dem öffentlichen Raum entfernt wurden und hier auf einen Abholer warten.

Heimtransport nach 6 – 8 Wochen denkbar

Erneuter Anruf in der ADAC-Notrufzentrale mit der Frage, wie es denn nun weitergeht. Unser Ansprechpartner erklärt uns, dass wir mit dem Rücktransport unseres Fahrzeuges in ca. 6 – 8 Wochen per Sammeltransport rechnen können. Man bemüht sich um einen Leihwagen für uns, teilt uns nach ca. 30 Minuten jedoch per SMS mit, dass kein Fahrzeug gefunden wurde und verweist uns mit einem Link auf die Seite der Bahn. Wohl denjenigen, die sich im Internet auskennen und deren Surfguthaben nach einem zweiwöchentlichen Urlaub noch ausreichend ist.

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Der Inhaber des Depots bietet uns an, unser Womo auf einen Grünstreifen neben sein Grundstück zu schleppen, damit wir dort zumindest übernachten können. Eigentlich ist dies ein recht schöner Platz, wenn man die Umstände, die uns hierher geführt haben, mal außen vor lässt.

Also nochmal zusammengefasst:

Der ADAC lässt uns auf einen abseits gelegenen Platz außerhalb der Stadt an den Rand eines Industriegebietes schleppen und erklärt uns dann, dass unser Womo dort mehrere Wochen auf die Abholung durch einen Sammeltransport nach Deutschland warten soll.

In der Zwischenzeit dürfen wir mit unserem gesamten Hausstand irgendwie zum nächsten Bahnhof kommen, um von dort mit dem Zug nach Hause zu fahren. Unsere persönlichen Sachen sollen wir mitnehmen, ebenso alle verderblichen Lebensmittel. Unsere Fahrräder MÜSSEN wir mitnehmen, weil wir diese brauchen.

Der sehr leckere, jedoch äußerst streng riechende Munster-Käse aus dem Elsass, den wir zu unseren offenen Lebensmitteln zählten, hätte im ICE-Großraumwagen sicherlich für Erheiterung gesorgt.

Uns wird am Abend schnell klar: Diese Vorgehensweise kommt für uns definitiv nicht infrage. Eher werden wir auf dem Grünstreifen ein paar Tage ausharren, bis eine bessere Lösung gefunden wird. Unser Wassertank ist voll. Einen Supermarkt haben wir in ca. 2 km Entfernung recherchiert. Strom und Internet haben wir ebenfalls ausreichend.

Donnerstag, 08.09.: Warum kein Transport über die Grenze nach Deutschland?

Über Nacht schmiede ich ein paar weitere Pläne, wie ich meinen Vormittag anruftechnisch gestalten möchte. Der erste Anruf gilt einem Autohaus in Offenburg, das mir ein Beraterkollege empfohlen hatte. Man könne das Fahrzeug dort bereits am 19.09. reparieren. Das macht uns Hoffnung. Außerdem hatte ich mittlerweile einen Abschleppdienst recherchiert, der uns spätestens am Montag abholen könnte – wenn auch vielleicht auf unsere eigenen Kosten.

Wir stehen nur rund 30 km von der deutschen Grenze entfernt. Nach unserer Recherche wird klar: In Deutschland gibt es sowohl Leihfahrzeuge als auch eine Werkstatt, die das Fahrzeug in Reparatur nehmen könnte. Es muss doch für den ADAC möglich sein, ein Vertragsunternehmen in Grenznähe zu finden, das uns diese 30 km nach Deutschland schleppt. Dort kann man alles weitere organisieren.

Diese Idee stößt dann auch in der ADAC-Notrufzentrale auf offene Ohren. Nach einer halben Stunde erhalten wir einen Rückruf: noch im Laufe des Tages wird uns ein Abschleppdienst aus Freiburg nach Deutschland holen. Dort steht auch ein Mietfahrzeug für uns zur Verfügung.

Anmerkung: Überhaupt nicht weiterhelfen konnte uns die vielseits gelobte Fiat Camper Assistance. Nach der Eingabe aller möglichen Daten per Tastatur erhalten wir einen dezenten Hinweis „Ihre voraussichtliche Wartezeit beträgt … 50 Minuten“ mit der Ergänzung, wir könnten unseren Schaden aber auch online melden, wenn uns die Wartezeit zu lange dauert. NEIN, ich will meinen Schaden nicht online melden. Ich habe ein individuelles Problem, für das ich eine individuelle Hilfestellung erwarte. Ich habe dann aufgelegt, weil ich diese 50 Minuten anderweitig sinnvoller nutzen wollte.

Nachtrag 01.10.2022: Unabhängig davon hilft Dir die Fiat Camper Assistance nur dann, wenn Dein Fahrzeug innerhalb der Garantiezeit ist bzw. Du die Anschlussgarantie abgeschlossen hast.

Wir warten auf den Abschleppdienst. Meine Frau und ich packen in der Zwischenzeit alle Sachen ein, die wir im Mietwagen mitnehmen wollen und machen uns eine Liste, welche Dinge wir zusätzlich nicht vergessen dürfen:

  • Strom und Gas im Womo abschalten
  • Lebensmittel aus dem Kühlschrank nehmen
  • Kühlschrank abtauen
  • Frischwassertank entleeren
  • Müll und Toilettenkassette mitnehmen bzw. entleeren
  • Haustürschlüssel und Wertsachen mitnehmen
  • usw.

Zu diesem Zeitpunkt wissen wir ja nicht, wie viele Tage bzw. Wochen unser Kastenwagen tatsächlich irgendwo herumstehen wird. Ich lege mich noch 20 Minuten aufs Bett, bis der Abschleppdienst kommt. Hatte ich doch in der Nacht nicht wirklich gut geschlafen …

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Kurz vor 12 Uhr sitzen wir bereits auf der Rückbank des Abschleppfahrzeuges, unser Kastenwagen ist schon verladen, und wir sind auf dem Rücktransport nach Deutschland. Als wir an einer Tankstelle vorbeifahren, bitte ich unseren Fahrer scherzhalber darum, doch bitte hier kurz anzuhalten, damit wir unser Womo nochmal „günstig“ volltanken können. Der Diesel kostete zu dem Zeitpunkt in Frankreich 1,70 EUR, in Deutschland deutlich mehr als 2 EUR. Er lacht und hat auch sonst einige Späßchen auf Lager.

Um 14:00 Uhr sitzen wir in einem VW Touran auf der Weiterfahrt nach Hause. Die meisten Sachen aus unserem Womo sind verladen. Die Fahrräder sind auf dem Heck.

Freitag, 09.09.: Geschafft !

Der Termin für den 19.09. wird vom Autohaus nochmal bestätigt. Der ADAC hat seine Zusage für die Übernahme der Transportkosten erteilt. Das Transportunternehmen in Freiburg weiß Bescheid. Jetzt heißt es warten und ggf. in der kommenden Woche nochmal nachhaken.

Exkurs: Sind wir mit unserem Auslandsschutzbrief beim richtigen Partner?

Veranlasst durch den anfänglich etwas „verunglückten Rettungsversuch“ in Frankreich, denken wir verständlicherweise auch über unseren bestehenden Auslandsschutzbrief nach. Sind wir beim derzeitigen Partner richtig aufgehoben, wenn dieser uns genau in der Situation keine sinnvolle Lösung anbieten kann, in der es wirklich darauf ankommt, die richtigen Schritte einzuleiten? Mit dem Wohnmobil hat man in solchen Situationen andere Herausforderungen als mit dem Pkw.

Der weitere Ablauf nach meinem Einwand hat dann ja recht gut geklappt. Allerdings muss ich auch dazu sagen, dass ich jeden Schritt direkt begleitet und gesteuert habe, um ggf. einzugreifen, wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen läuft. Heißt konkret: Nachfragen, was als nächstes passiert, aber nicht darauf verlassen, sondern nachhaken und nachfragen, ob es erledigt ist. Danach die nächsten Schritte besprechen. Vor allen Dingen geht leider nichts von alleine. Denn dann würde unser Fahrzeug noch bis mindestens Ende Oktober im Depot im Elsass stehen.

Freitag, 16.09.

Unser Fiat Ducato Wohnmobil wird erneut auf einen Transporter verladen und verlässt Freiburg in Richtung der Werkstatt in Offenburg, wo es am Montag angeschaut werden soll.

Dienstag, 20.09.

Heute ist unser Kastenwagen endlich auf dem Prüfstand. Der Fehlerspeicher wird ausgelesen. Inzwischen wissen wir einiges über das Automatik-Getrieb im Fiat Ducato bzw. das automatische Schaltgetriebe, wie es bis 2020 im Ducato verbaut wurde. Ursache für den Stillstand war in der Tat die Bremsflüssigkeit des Automatischen Schaltgetriebes, die „nur“ gewechselt werden musste.

Exkurs: Wie funktioniert das automatisierte Schaltgetriebe in Fiat Ducato und wo war die Fehlerursache?

Das automatische Schaltgetriebe ist keine Vollautomatik wie das DSG oder die Wandlerautomatik. Es ist eine Schaltautomatik, die auf dem Getriebe sitzt, und die dem Fahrer hydraulisch die Kupplungs- und Schaltvorgänge abnimmt, also das Auskuppeln, Schalten und Einkuppeln. Diese Schaltvorgänge bemerkt man auch leicht, wenn das Fahrzeug beim Fahren schaltet.

Dieses Getriebe benötigt für seine reibungslose Funktion zwei Flüssigkeiten. Erstens ein Automatik-Getriebeöl, und zweitens eine Bremsflüssigkeit für die Kupplung. Diese Bremsflüssigkeit sollte alle zwei Jahre ausgetauscht werden. Nur leider steht diese Information nicht im Serviceheft …..

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Rien ne va plus

Wenn diese beiden besagten Flüssigkeiten veraltet sind, Luftblasen enthalten oder in ihrer Konsistenz nicht passen, schaltet das System auf Störung und „nichts geht mehr.“ „Rien ne va plus“ wie die Griechen zu sagen pflegen – oder waren es die Franzosen? :-)

Unser Dankeschön geht in diesem Zusammenhang …..

….. an das Team vom Abschleppdienst Jakobi in Freiburg, das uns von der ersten bis zur letzten Minute, gut betreut hat. Vom Abholen im Elsass, über das Anmieten des Mietfahrzeuges, bis hin zur Überführung unseres Kastenwagens nach Offenburg zur Werkstatt.

….. an das Team vom Autohaus Paschke in Offenburg, das sich trotz Terminknappheit und Personalengpässen zeitnah, freundlich und kompetent um die Behebung des Schadens gekümmert hat.

….. an das Team unseres Abschleppservices im Elsass für die gute Idee, dort außerhalb des Depots im Womo übernachten zu können. Nur so hatten wir die Gelegenheit eine Nacht über die weitere Vorgehensweise nachzudenken.

….. natürlich auch dem ADAC, der abgesehen von der anfänglich etwas missglückten „Rettungsaktion“ im weiteren Verlauf sehr gut mit uns zusammengearbeitet hat und vor allem die Kosten für die Abschleppungen und das Mietmobil ohne große Diskussion übernommen hat.

….. an meinen Beraterkollegen Marcus Riesterer aus Offenburg für den entscheidenden Tipp mit der Werkstatt in Offenburg.

….. an meine Moderatorenkollegin Patricia Wermter von Wermter Reisemobile in Emmendingen für das Recherchieren einer möglichen alternativen Werkstatt.

….. und natürlich an die diversen weiteren Ansprechpartner, die uns am Telefon ihre Unterstützung angeboten haben und uns teils auch lediglich das wertvolle beruhigende Gefühl gaben, uns dort melden zu dürfen, falls wir sonst nicht weiterkommen.

Am Donnerstag, 22.09. …..

….. ging es erneut mit dem Mietmobil in Richtung Offenburg. Mal schnell nebeneinander geparkt und umgeladen. Und dann ab nach Hause ….

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3 Kommentare

  1. 30.09.2022 – nur 8 Tage nach der Abholung in Offenburg ist unser Ducato heute erneut stehen geblieben. Zum Glück direkt vor unserer Haustür, sodass ich das Fahrzeug gerade noch in die Hofeinfahrt manövrieren konnte. Problem: gleiches Problem wie beim letzten Mal.
    Mein örtlicher Fiat Professional-Partner ist bereits informiert. Aufgrund der Uhrzeit (es war gerade Freitag ca. 16:00 Uhr) ist verständlicherweise nichts mehr passiert. Wir konnten aber noch abstimmen, dass gleich am Dienstag (am Montag ist ja Feiertag) jemand vorbeikommt und das Fahrzeug holt.

  2. Update 17.10.2022 – Zwischenzeitlich wurde von der Werkstatt der Fehlerspeicher ausgelesen und zusätzlich zu der Automatik-Bremsflüssigkeit auch noch eine Membran bestellt (dauerte mehrere Tage bis das Ding da war) am vergangenen Freitag endlich eingebaut. Anruf Vormittag um 11 von der Werkstatt „Am Nachmittag ist das Auto fertig“. Anruf um 14:00 Uhr: „Wir haben alles eingebaut. Der Fehler ist immer noch da.“

    Jetzt liegt ein Ticket mit der Fehlerbeschreibung direkt bei Fiat.

  3. Auf mehrere Nachfragen noch ein ergänzender Kommentar: Nach mehreren Tests und Ersatzteilbestellungen konnte ich meinen Ducato Anfang November wieder fahrbereit abholen. In der Kupplung befinden sich Kunststoffteile, die gebrochen waren. Die Kupplung wurde durch eine neue Kupplung ersetzt.

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